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Irrtümer & Vorurteile im Krafttraining


 

Trainingsirrtümer und Vorurteile

Es gibt unglaublich viele Irrtümer und Mythen im Krafttraining. Hier folgt etwas Aufklärung.

#1: Lokaler Fettabbau.

Die folgende Szene kann man praktisch jeden Tag in jedem beliebigen Fitnessclub beobachten: Um Körperfett an ganz bestimmten Stellen loszuwerden, sagen wir dem Bauch, werden Crunches, Sit-ups und Beinheben bis zur Erschöpfung trainiert. Allerdings wird Fett nicht lokal verbrannt, der Körper entscheidet völlig autonom in Abhängigkeit vom Körpertyp, Genetik, Alter, Geschlecht, Aktivitätsniveau, Ernährung und generellem Lebensstil, wo wie viel Fett verbrannt wird. Es gibt bestimmte Stellen, bei Männern meist in der Bauchregion, bei Frauen oft an den Hüften und Beinen, in denen das Fett bevorzugt gespeichert wird. Um es los zu werden, muss der Körperfettanteil in seiner Gesamtheit gesenkt werden, am besten durch das intensive Training großer Muskelgruppen und einer vernünftigen Ernährung.

#2: Definition durch viele Wiederholungen.

Sehr verbreitet ist der Glaube, die Ausführung vieler Wiederholungen führe zu einem besonders definierten Aussehen der Muskeln durch das vermehrte Verbrennen von Körperfett. Natürlich verbrennen mehr Wiederholungen aufgrund der längeren Belastungsdauer mehr Kalorien, doch nur in zu vernachlässigenden Größenordnungen. Es ist klüger, einige zusätzliche Kalorien mittels Ausdauertraining zu verbrennen oder die Energiezufuhr etwas zu drosseln. Viele Wiederholungen können dann sogar kontraproduktiv sein, weil hier die weißen Muskelfasern nicht genug beansprucht werden für eine Erhaltung, die roten Muskelfasern jedoch nicht genug Energie erhalten, um sich zu entwickeln, was zu einem sichtbaren Verlust an Muskelmasse führen kann, ohne Definition.

#3: Ausdauertraining verbrennt mehr Fett als Krafttraining.

Körperfett wird ausschließlich in aktiven Muskeln als Energiequelle verbrannt. Je mehr Muskeln ein Mensch besitzt, umso mehr Fett verbrennt er. Jedes intensive Krafttraining führt zu einem Anstieg des Stoffwechsels für einen Zeitraum von etwa 48 Stunden, während Ausdauertraining den Stoffwechsel für etwa 1-2 Stunden erhöht. Wer Fett abbauen möchte, muss seine Muskeln trainieren. Ein langfristig schlanker Körper braucht Krafttraining weitaus dringender als Ausdauertraining.

#4: Training verändert die Form der Muskeln.

Die prinzipielle Form eines Muskels kann nicht verändert werden. Das Größenwachstum im Zusammenhang mit einer regelmäßigen Beanspruchung hat keinen Einfluss auf die Form. Der Muskel funktioniert wie ein Gummiband, welches zwischen einem Gelenk gespannt wird um es zu bewegen. Eine Zugbelastung, egal wie man es dreht, erzeigt innerhalb des Bandes an jeder beliebigen Stelle immer die gleiche Spannung. Bei jeder Beanspruchung eines Muskels entsteht zwischen Ursprung und Ansatz immer die gleiche konstante Spannung.

#5: Krafttraining erhöht die Anzahl der Muskelzellen.

Wie bereits erwähnt handelt es sich beim Wachstum des Muskels um eine Zunahme der Dicke der Mitochondrien aufgrund der Absorption von Wasser und Aminosäuren. Die Anzahl der Muskelfasern bleibt prinzipiell gleich. In wissenschaftlichen Studien wurde nachgewiesen, dass die Einnahme von Wachstumshormonen einer Vermehrung der Muskelzellen durch Zellteilung hervorrufen kann, ähnlich wie es in der Pubertät geschieht.

#6: Training der unteren Bauchmuskeln.

Alle "Bauchübungen", die ein Heben der Oberschenkel über die Hüftgelenke beinhalten, trainieren zum Großteil die Hüftbeugemuskulatur. Der Bauchmuskel selbst ist dazu anatomisch nicht in der Lage. Er kontrahiert lediglich isometrisch, ohne nennenswerte Bewegung.

#7: Ein effektives Training muss weh tun. Muskelkater?

No pain, no gain? Völlig korrekt, während des Trainings sollten die Muskeln für einen Moment weh tun, aber ein lang anhaltender Muskelkater über mehr als drei Tage ist ein klares Zeichen für Übertraining. Diesen erst abklingen lassen und danach das Training mit einer geringeren Intensität fortsetzen.

#8: Wenn man trainiert wird Fett und Muskeln umgewandelt. Und umgekehrt, sobald man aufhört.

Vereinfacht ausgedrückt besteht Körperfett aus Triglyzeriden und Muskeln aus Aminosäuren. Es sind zwei völlig verschiedene chemische Substanzen, die nicht ineinander umgewandelt werden können. Natürlich verbrennt der Körper während und nach einem Training Fett und baut Muskulatur auf. Eine lange Trainingspause und der damit verbundene absinkende Stoffwechsel und Verlust von Muskelmasse ohne die gleichzeitige Korrektur der Energieaufnahme führt konsequenterweise oft zu einer Zunahme des Körperfettanteils. Es findet jedoch nie Umwandlung statt.

#9: Haltungsprobleme und Rückenschmerzen erfordern intensives Rückentraining.

Fall1 : Rückenschmerzen, vor allem im unteren Rücken, sind meist kein Zeichen einer schwachen Rückenmuskulatur. Es handelt sich dabei oft um eine Dysbalance zwischen Rücken- und Bauchmuskeln, die auch für ein eventuelles Hohlkreuz verantwortlich sein kann. Die relativ starken Rückenmuskeln finden in der recht flachen und vergleichsweise schwachen Bauchmuskulatur keinen adäquaten Gegenspieler und ziehen so die Lendenwirbelsäule in eine permanent überstreckte Haltung. Hier ist es sinnvoll, diese zwei sehr unterschiedlichen Muskeln in Balance zu bringen, indem der Bauch trainiert wird während untere Rücken, die Hüftbeuger, die Gesäßmuskulatur, Beinbeuger und Waden ein regelmäßiges Dehnungsprogramm erfahren. Fall 2: Wer viel Zeit im Sitzen verbringt, läuft Gefahr, einen Rundrücken im Bereich der Brustwirbelsäule zu bekommen, d.h. die frontalen Muskeln wie Brust- und vordere Schultermuskulatur verkürzen aufgrund einer gebeugten Fehlhaltung, während die hinteren Muskeln des Oberkörper, Rücken- und hintere Schultermuskulatur, mit der Zeit abschwächen. In diesem Fall ist ein Training der mittleren Rückenmuskeln sowie der hinteren Schultern absolut notwendig. Gleichzeitig muss eine regelmäßige Dehnung der o.g. vorderen Oberkörpermuskeln stattfinden.

#10: Es ist besser an Maschinen, anstatt mit freien Gewichten, zu trainieren.

Anfangs mag diese Aussage durchaus zutreffen, denn hier gilt es, die Grundlagen zu schaffen und die neuen Bewegungsabläufe zu verinnerlichen. Nach wenigen Wochen bzw. Monaten des Trainings ist es sinnvoll, vermehrt Übungen mit freien Gewichten auszuführen, da hier zusätzlich vermehrt stabilisierende Muskeln involviert und die koordinativen Fähigkeiten trainiert werden.

#11: Frauen müssen anders trainieren als Männer.

Ein Klassiker: Während Frauen im Fitnessclub typischerweise mit leichten Gewichten ca. 15-20 Wiederholungen an Maschinen für jeweils Bauch, Beine und Po trainieren, heben Männer schwere Hanteln, machen Kniebeuge und Bankdrücken, am liebsten mit 8-12 Wiederholungen. Warum ist das so? Frauen wollen natürlich keine Muskeln aufbauen. Und das obwohl es ganz sicher keine Frau (oder sogar Mann) gibt, die versehentlich zu große Muskeln entwickelt haben. Besonders bei Frauen ist die Angst völlig unbegründet, das sie aufgrund eines geringeren Testosteronspiegel im Jahr maximal 1,5 Kilogramm Muskelmasse aufbauen können, im Optimalfall. Und das ist großartig, denn die Frauen, die sich ein Training mit schweren Gewichten und komplexen Übungen zutrauen, werden schlanke, straffe Muskeln aufbauen, die dem Körper eine tolle Form verleihen und permanent Fett verbrennen.

#12: Viel Fortschritt braucht viel Training.

Nach dem Krafttraining sind die Muskeln sogar etwas "kleiner" als davor. Eine eventuell etwas aufgepumpte Erscheinung liegt allein an einer erhöhten Blutzirkulation in den Muskeln und ist nach kurzer Zeit verschwunden. Das Heilen der kleinen Mikrorisse, die einem Muskel während des Trainings zugefügt werden, und ein gewisses Wachstum als Vorbereitung auf eine wiederholt überschwellige Belastung dauern etwas länger. Daher sind die Ruhephasen ein essenzieller Teil des erfolgreichen Trainings. Sie sollten weder zu kurz noch zu lang gewählt werden. Abhängig von ganz individuellen Faktoren wie Trainingsintensität oder der eigenen Regenerationsfähigkeit kann eine Regenerationsphase zwischen 48 und 96 Stunden dauern.

#13: Jeder kann ein Bodybuilder werden.

In Wahrheit haben nur etwa 20 von 10000 Männern das genetische Potenzial, ein erfolgreicher Bodybuilder zu werden. Und selbst wer zu diesen 20 gehört, muss mehr machen als nur hart trainieren um zu erreichen. Andererseits ist sind angeblich ungünstige Erbanlagen keine Ausrede für eine schlechte Form. Abhängig vom Körpertyp kann es herausfordern sein, einen Waschbrettbauch zu bekommen, riesige Oberarme zu entwickeln oder 30 Kilogramm Muskelmasse anzutrainieren. Doch egal wo man gerade steht, nur eine einzige Sache bringt einen dem Ziel etwas näher: Ein starkes, unnachgiebiger Wille.

#14: Schwitzen ist ein Zeichen für eine schlechte Verfassung.

Während physischer Belastungen heizt sich der Körper auf, doch es gibt eine clevere Klimaanlage, die vor Überhitzung schützt: Schweiß. Die abgesonderte Menge hängt von der Schwere der Belastung, der Umgebungstemperatur und der Luftfeuchtigkeit ab, jedoch auch von der Größe und Leistungsfähigkeit der Schweißdrüsen. Deshalb bedeutet Schwitzen nichts anderes als eine perfekte Funktionsweise dieses wichtigen Systems. Der Flüssigkeitsverlust muss natürlich wieder ausgeglichen werden. Pro Stunde Training sollte ein zusätzlicher Liter Wasser getrunken werden.

#15: Dehnen ist nutzlos.

Es wird immer noch gern und kontrovers darüber diskutiert, ob ein ausgewogenes Training überhaupt Dehnungsübungen erfordert. Die Antwort ist: Ja! Dehnen ist schon allein deshalb sinnvoll, weil es die Blutzirkulation im Muskeln anregt, die Beweglichkeit schult und bei der Regeneration hilft. Es verbessert die Mobilität der Bänder und damit der Gelenke, was letztendlich die gesamte körperliche Leistungsfähigkeit erhöht. Heutzutage ist Dehnung oft gar nicht als Ergänzung eines Krafttrainings anzusehen, sondern stellt einen wichtigen Ausgleich zu einseitigen Belastungen im Alltag dar.